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Name des Projekts: Jugend sprayt! Bushäuschen Kirchvers in neuem Design
Träger: Jugendliche aus Lohra (bsj Marburg)
Ort: Kirchvers
Zeitraum: Herbst 2021

Graffitikunst für die Bushaltestelle in Kirchvers

„misch mit!“ hat in den Herbstferien 2021 in Kirchvers ein Partizipations-Projekt gefördert, mit dem Jugendliche im öffentlichen Raum ihrer Gemeinde sichtbar wurden. Dafür wurde den jungen Menschen von der Gemeinde eine Bushaltestelle zu Verfügung gestellt, die sie gestalten durften. Die Kirchverser Ortsvorsteherin Margarete Fiedler, rannte mit dem Angebot eines Graffitiprojekts offene Türen bei den jungen Menschen ein. „Im Jugendclub hatten die Jugendlichen sich bis dahin an kleinen Graffitis versucht, jetzt wollten sie auch mal was Größeres sprühen“, sagt Tobias Perleth vom bsj Marburg, der seit 2017 in Lohra Jugendpfleger und an den Grundschulen der Region im Zuge des Projektes "Schulsozialarbeit bewegt Grundschulen" tätig ist. Das von der Gemeinde zu Verfügung gestellte Bushäusschen wurde einst vom Verschönerungsverein vor Ort errichtet.  Einzige Bedingung für die neu Gestaltung: Es sollte darauf weiterhin Platz für dessen Ankündigungen geben. Zwei Graffiti-Künstler aus Marburg, Moritz Habermann und ein Mitstreiter, führten die Jugendlichen im Alter von elf bis fünfzehn Jahren drei Tage lang in die Hintergründe und Techniken der Streetart ein.

Student Moritz Habermann, der sich als Streetart-Sprayer „Wonka“ nennt, forderte die Jugendlichen zunächst einmal auf, sich eigene Künstlernamen auszudenken und damit eine Sprayer-Identität zuzulegen. „Als erste Übung lernten die Jugendlichen dann ihre Künstler-Namen sprayen“, erinnert sich Tobias Perleth. Dabei erwarben sie Grundkenntnisse in den Basistechniken der Spray-Kunst: Sie fertigten in Sketchbüchern Skizzen ihrer Namensschriftzüge an und übten dann an Tapetenbahnen, die Zeichnungen mit den Sprühdosen auf Wände zu übertragen.

Die Spray-Künstler zeigten den Jugendlichen auch, wie man ein Bild dreidimensional gestaltet und bestimmte Lichteffekte erzeugt. „Und sie machten den Jugendlichen klar, dass man sich mit Atemschutzmaske, Schutzbrille und Handschuhen schützen muss, wenn man solche Arbeiten ausführt“, betont Perleth. Am zweiten Tag leiteten die Graffiti-Künstler die Jugendlichen schließlich bei der Entwicklung der Szenarien an, mit denen sie die Bushaltestelle verschönern wollten: Sehenswürdigkeiten sollten es sein, aus der Region und der ganzen Welt. Sie entwickelten mit den jungen Menschen ein Farbschema dafür: blaugrün für die Region, rosarot für die Welt. Und dann wurde auch schon gesprüht.

„Graffiti übt einen besonderen Reiz aus, allein schon weil man mit einer Sprühdose arbeitet“, sagt Tobias Perleth. Außerdem hängt dieser künstlerischen Technik etwas Illegales an, etwas Verbotenes. „Wobei wir großen Wert darauf legten, den Jugendlichen klarzumachen, dass sie nicht einfach irgendwelche Hauswände vollsprayen können“, so der Jugendpfleger. Schließlich erwies sich die Arbeit mit den Spraydosen auch über alle Worte hinweg als integrierend. „Als am dritten Tag ein zehnjähriger Junge vorbeikam, der sich kaum auf Deutsch verständigen konnte, hatte er schneller als ich schauen konnte, Handschuhe an, eine Schutzbrille auf und eine Sprühdose in der Hand“, erinnert sich Perleth.
Die Decke der Bushaltestelle öffnet sich nun direkt in den Himmel, ins Weltall, die Graffitis im Inneren zeigen Sehnsuchtsorte – unter anderem den Eiffelturm in Paris und das Waldschwimmbad, den Dünsberg-Turm und den Louvre. „Jetzt ist das nicht mehr nur eine Bushaltestelle, sondern ein Ort, an dem Jugendliche und ihre Vorstellungen in ihrer Gemeinde sichtbar werden“, sagt Perleth. (Ybo)