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Name des Projekts: Deine Helden, meine Träume
Träger: bsj Marburg
Ort: Landkreis Marburg-Biedenkopf
Zeitraum: 2020 - 2021

Deine Helden, meine Träume

Manchmal muss man aktiv werden, um ein Klassenzimmertheaterstück für Schüler:innen tatsächlich als Diskussionsgegenstand in Schulen zu bringen – das jedenfalls war das Ziel des „misch mit!“-Projekts „Deine Helden, meine Träume“, das Simona Lison von „misch mit!“ und Schulsozialarbeiterin Meike Foegen vom bsj Marburg in den Jahren 2020/2021 umgesetzt haben.

Beide hatten unabhängig voneinander das Klassenzimmertheaterstück „Deine Helden, meine Träume“ von Karen Köhler gesehen – ein Stück für ein Klassenzimmer, ein Schauspieler, wenige Requisiten – und waren vom didaktischen Potenzial des Stücks beeindruckt: Behandelt wird die Geschichte von Jonas, der sich über die Verliebtheit in Jessica in der rechtsextremen Welt ihres Bruders verirrt und erst wieder daraus zurückfindet, als sein muslimischer Freund Mo von ebenjenem Bruder und seinen gewalttätigen Freunden fast zu Tode geprügelt wird. Jonas lädt dabei gleich mehrfach Schuld auf sich: Zuerst verrät er dem großen Bruder von Jessica, dass diese eine Liebesbeziehung mit Mo hat. Und als Mo dann verprügelt wird, schreitet er nicht ein und taucht ab, um erst Jahre später wieder an den Ort des Geschehens zurückzukehren.

„Das Stück bietet sehr viel Potenzial, um mit Schüler:innen ab der siebten Klasse über Radikalisierungswege, Mitläuferschaften und Rechtsextremismus ins Gespräch zu kommen“, sagt Meike Foegen, „es erzählt aus der Tätersicht, bietet aber viele Leerstellen, an denen die Opfersicht oder die Sicht Außenstehender ergänzend thematisiert werden kann.“ So bemerkt etwa der Boxtrainer von Jonas irgendwann, dass dieser seit neuestem ein Hakenkreuz-Tattoo am Bein hat. „An dieser Stelle können wir als Pädagog:innen einsteigen und Fragen stellen“, sagt die Schulsozialarbeiterin. Was kann ich tun, wenn ich merke, dass jemand in meinem Umfeld in die rechte Szene abrutscht? Soll ich das gegenüber der Person ansprechen oder mit den Eltern oder Lehrer:innen darüber sprechen?

Im Jahr 2020 gründete „misch mit!“ eine Arbeitsgruppe zur Aufbereitung des Stücks für Schulen. Schauspieler Camil Morariu, der das Stück für das Hessische Landestheater in Marburg bereits im Jahr 2019 einstudiert hatte, erklärte sich bereit in der Arbeitsgruppe mitzuwirken, und für eine Aufführung in Wolfshausen zur Verfügung zu stehen. Nach der Aufführung begaben sich die rund 30 Workshop-Teilnehmer:innen in Denkräume, um sich mit dem didaktischen Potential des Stücks auseinanderzusetzen. Unter den Teilnehmenden waren nicht nur Pädagog:innen und Schulsozialarbeiter:innen des Landkreises, sowie Interessierte aus dem Schulamt, der Fachstelle für Demokratieförderung und phänomenübergreifender Extremismusprävention (DEXT) und der Roten Linie, sondern auch einige wenige Jugendliche. „Dabei wurde uns von den jungen Menschen rückgemeldet, dass wirklich ein großer Bedarf an der Auseinandersetzung zu den Themen besteht“, sagt Meike Foegen. Es kam aber auch zur Sprache, dass die Schule mit ihrem eng getakteten Zeitrahmen zu wenig Raum für Diskussion lässt.
Hier setzt das Projekt an und entwickelt aus dem Stück heraus einen Methodenkoffer zur schulischen Auseinandersetzung mit Rechtsradikalisierung im Jugendalter, den Lehrkräfte und Schulsozialarbeiter:innen in ihrer pädagogischen Arbeit mit den Schüler:innen nutzen können. Ab 2022 wird Premiere gefeiert: das Klassenzimmertheaterstück wird samt pädagogischem Konzept in die Schulen gebracht. (ybo)