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Name des Projekts: Interkulturelles Begegnungszentrum Kerner
Träger: Lutherische Pfarrkirche St. Marien
Ort: Marburg
Zeitraum: März bis Dezember 2018

Ein Ort für Vielfalt in Marburg – Interkulturelles Begegnungszentrum Kerner

Der historische Kerner im Herzen der Marburger Oberstadt wurde in den Jahren 2015/16 von ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen des sogenannten „Kerner-Netzwerks“ zu einem interkulturellen Begegnungszentrum umgestaltet. Es steht Menschen aller Bevölkerungsgruppen offen, um miteinander ins Gespräch zu kommen. Darüber hinaus ist das geschichtsträchtige Gebäude auf dem Lutherischen Kirchhof ein Ort, an dem sich Gruppen, Initiativen oder Gemeinschaften treffen können.

Ausländerbeirat, Ortsbeirat, Medinetz, Extinction Rebellion, Seebrücke, die Bahai-Gemeinde und viele andere – über 30 lokale Gruppen und Initiativen mit den unterschiedlichsten Hintergründen haben die Räumlichkeiten des Kerner bereits für Gruppentreffen, Vereinssitzungen oder Feiern genutzt. Regelmäßig finden dort auch die Internationalen Wochen gegen Rassismus und das Internationale Begegnungsfest statt. Das ehemalige Beinhaus, das im 14. Jahrhundert Ratsstube war, später im 16. Jahrhundert auch Pfarrhaus und Ort der Armenspeisung, hat nämlich unter anderem einen großen Raum für Treffen und eine neu eingerichtete Küche zu bieten.  

„Wir treten ein für Vielfalt, Akzeptanz, Nachhaltigkeit und Solidarität. Prämisse unseres Handelns ist die partizipative und gemeinsame Arbeit von Menschen unterschiedlicher Herkünfte an einer demokratischen, toleranten und kohäsiven (auf gegenseitigen Zusammenhalt angelegten, Anm. der Autorin) Stadtgesellschaft“, heißt es in der Selbstdarstellung des Kerner-Netzwerks. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit liegt deshalb auch auf Unterstützung für Menschen mit Fluchterfahrung, die diese in Kontakt mit der Gesellschaft bringen und ihnen die selbstständige Teilhabe daran ermöglichen sollen.

„Integration funktioniert nur über Teilhabe, über Kontakt“, sagt Prof. Ulrich Wagner, der ehrenamtlich im Kerner-Netzwerk mitarbeitet und sich auch als Sozialpsychologe intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt hat, „wir wollen einen Dialog zwischen Aufnahmegesellschaft und Menschen mit Fluchterfahrung anstoßen, der die Perspektiven aufeinander verändert und das Zusammenleben verbessert.“ Rassismus verbreite sich gerade dort schnell und dauerhaft, wo es keine „Fremden“ und Migrant*innen gebe. „In einer Zeit, in der Rechtspopulisten die Ängste der Aufnahmegesellschaft vor Fremden schüren, ist die gemeinsame Begegnung besonders wichtig“, ergänzt Ulrich Biskamp, Pfarrer an der Lutherischen Pfarrkirche und ebenfalls im Kerner-Netzwerk aktiv.

Die Förderung durch misch mit! hat das Kerner-Netzwerk genutzt, um die Finanzierung einer Koordinierungsstelle für die Kerner-Räume anzuschieben. „Anfangs wurde die Vergabe der Räume über das Pfarramt der Lutherischen Pfarrkirche organisiert“, berichtet Pfarrer Biskamp. Dies sei angesichts des großen Interesses aber auf Dauer nicht möglich gewesen. misch mit! ermöglichte es, eine Koordinatorin einzustellen, die mit noch mehr Gruppen und Initiativen ins Gespräch kommen und die Existenz der Räume publik machen sollte. Der Anschub hat sich gelohnt: Seit Herbst 2019 wird eine Koordinierungsstelle gemeinsam von der Stadt Marburg, dem Landkreis Marburg-Biedenkopf, dem evangelischem Kirchenkreis und der Lutherischen Pfarrkirche finanziert. (ybo)