Zum Hauptinhalt springen

Name des Projekts: Lifestream
Träger: bsj Marburg
Ort: Landkreis Marburg-Biedenkopf
Zeitraum: März 2020 fortlaufend

Life-Stream – Bilder stehen Kopf

Vorurteile abbauen, „Fremden“ begegnen, offen gegenüber Neuem sein: Das „misch-mit!“-Projekt „Lifestream – Bilder stehen Kopf“ ermöglicht Jugendlichen die Begegnung mit Menschen, die als „Lifestream“ eine besondere Geschichte zu erzählen haben: Dirk etwa, der als Leistungsträger an der Uni Depressionen bekam; Lukas, der als Frau geboren wurde und eine Tochter zur Welt brachte, bevor er sein Geschlecht anpassen ließ, Rainer, der mit 14 Jahren dem Alkohol verfiel und erst ein halbes Leben später wieder davon loskam; Anett, die sich als Läuferin und leidenschaftliche Tänzerin in ihrem Bewegungsdrang von ihrer Blindheit nicht einschränken lässt; oder Marita, die Drogen nahm und auf der Straße lebte.

Das sind nur fünf der 15 Lifestreams (Personen), die Susanne Kaiser vom bsj Marburg im Jahr 2020 für ein Projekt zusammengeführt hat, um in Schulen oder andere Einrichtungen der Jugendhilfe Begegnung mit Geschichten anderer Menschen zu ermöglichen. „Die Lifestreams sprechen Kurzversionen ihrer Geschichte auf Audiofiles auf, diese Audiofiles werden auf eine Homepage geladen, dort können Jugendliche mit Hilfe ihres Handys über die Barcodes in die Geschichten hineinhören und dann entscheiden, was sie interessiert“, erklärt Susanne Kaiser den Ausleihvorgang. Eine begrenzte Anzahl von Personen als Lifestream kann dann von der Schule oder der Jugendhilfeeinrichtung gegen eine Gebühr für ein Livegespräch gebucht werden. Dabei erzählen die Personen den Jugendlichen ihre Geschichte noch einmal persönlich und stehen ihnen auch Rede und Antwort.

Orientiert hat sich Susanne Kaiser bei der Entwicklung von „Lifestream – Bilder stehen Kopf“ an skandinavischen und angelsächsischen Projekten, die unter dem Namen „Living Library“ oder „Human Library“ als Teil der Gewaltprävention und der Psychologie-Ausbildung bekannt geworden sind. Aber sie hat das Bild vom menschlichen Buch, das seine Geschichte erzählt, zu Gunsten des Bildes vom menschlichen Lifestream umgedeutet. „Das ist für Jugendliche einfach passender, zeitgemäßer“, sagt die Diplompädagogin des bsj Marburg.

Erproben konnte sie diese besondere Form der Begegnung mit „dem Anderen“ und „den Anderen“ bereits bei den Suchtpräventionstagen an der Martin-Luther-Schule in Marburg, bei einer Online-Konferenz der TU Darmstadt und im Rahmen einer Mitarbeiter*innen-Schulung. „Die Teilnehmer*innen waren von der Ausdruckskraft der Geschichten und der Personen beeindruckt“, berichtet sie. (Ybo)