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Name des Projekts: Queertreff Kirchhain
Träger: Jugendliche aus Kirchhain (bsj Marburg)
Ort: Kirchhain
Zeitraum: Januar bis Dezember 2022

„Queertreff“ – Treffpunkt für queere Jugendliche aus Kirchhain und Stadtallendorf

Als Jugendlicher auf dem Land queer zu sein – das ist eine echte Herausforderung: Denn wo gibt es dort einen geschützten Raum, an dem man sich treffen und über das eigene Queer-Sein austauschen kann? Wo kann man sich dort als schwul, lesbisch, transident, als nicht-binär, bisexuell, asexuell oder aromantisch zeigen, wie man ist und sich fühlt, ohne neugierig oder kritisch beäugt zu werden? In der Schule, lautet die Antwort von den Schulsozialarbeiter:innen Andreas Kiefer und Anja Kühnert (bsj Marburg). An der Alfred-Wegener-Schule im mittelhessischen Kirchhain haben Kiefer und Kühnert mit der Unterstützung von „misch-mit!“ im Jahr 2021 einen Treffpunkt für queere Jugendliche eingerichtet – den Queertreff.

„Ich hatte immer wieder Kontakt zu queeren Jugendlichen, die sich mir gegenüber geoutet hatten“, berichtet Kiefer, „und ich hatte das Gefühl etwas tun zu müssen, um deren Selbstbewusstsein und deren Selbstwertgefühl zu stärken, einen Raum zum Austausch über Diskriminierungserfahrungen zu öffnen und sie fit für die Begegnung mit der Gesellschaft zu machen.“ Zweimal im Monat öffnet die Alfred-Wegener-Schule nun freitagsnachmittags ihre Freizeiträume für die queeren Teenager. „Die Schulleitung war diesbezüglich sehr offen“, so Kiefer. Die Alfred-Wegener-Schule ist auch Teil des antirassistischen Netzwerks „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“.

„Wir spielen Billard oder Kicker“, sagt Kiefer, „hören Musik und genießen die Zeit zusammen.“ Meistens gibt es auch eine Kleinigkeit zu essen. In vielen Gesprächen werden mit den Teenagern Aktionen und Projekte entwickelt: So haben die Schüler:innen etwa Leinwände zum Thema Queer-Sein gestaltet, auf denen sie nicht-queeren Jugendlichen erklären, was das eigentlich bedeutet – queer zu sein. Demnächst wollen Kiefer und Kühnert einen Kontakt zur Drag-Queen „Elektra Pain“ herstellen, einer Künstlerin aus der Region, die auch auf TikTok aktiv ist. Auch Begegnungen mit Teilnehmend anderer queeren Treffpunkten stehen auf dem Programm, zum Beispiel mit dem evangelischen Jugendtreff Compass in Marburg.

„Wenn Jugendliche Fragen zu ihrem Queer-Sein haben, gehen wir natürlich darauf ein“, so der Schulsozialarbeiter. Zum Beispiel, wenn es darum geht, wie man sein Coming-Out gestalten könne. „Wir geben dann keine konkreten Antworten oder Ratschläge, sondern spielen Szenarien durch, wie so ein Coming-Out aussehen und wie sich die Situation dann weiterentwickeln könnte.“ Es geht also in erster Linie um Prozess-Begleitung.

„Wichtig ist, dass der Freitagstreff im Queertreff niederschwellig ist“, sagt Kiefer. Wer Eltern und Freunden nichts von dem queeren Treffpunkt erzählen möchte, kann einfach sagen, dass er sich mit anderen Jugendlichen in der Schule trifft. Der Zulauf ist groß. „Wir haben mit sechs Jugendlichen im November 2021 angefangen“, berichtet Kiefer, „jetzt sind es etwa 25, die regelmäßig kommen.“ Die Jugendlichen erfahren über Freund:innen vom Queertreff, über Klassen oder über Flyer und Plakate in Regenbogenfarben, die auch im Sozialraum an den Beruflichen Schulen Kirchhain verteilt worden sind. (Ybo)